Die Großherzogin. Luise von Baden

Organisatoren
Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA), Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Frauen & Geschichte Baden-Württemberg e.V., Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein (AGLO)
PLZ
76131
Ort
Karlsruhe
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
22.04.2023 - 22.04.2023
Von
Lupold von Lehsten, Institut für Personengeschichte, Bensheim

Die letzte Großherzogin von Baden wurde als Luise Prinzessin von Preußen 1830 in Berlin geboren. Sie heiratete 1856 Großherzog Friedrich I. von Baden (1826–1907). Zu ihrem 100. Todestag veranstalteten fünf für das Thema prädestinierte Veranstalter unter der Federführung des Badischen Landesmuseums eine wissenschaftliche Fachtagung im Gartensaal des Karlsruher Schlosses.

Bereits ein Jahr nach der Hochzeit sicherte Luise durch die Geburt des Sohnes Friedrich II. (1857–1928) den Fortbestand der Dynastie. Aber auch bereits am 6. Juni 1859 gründete sie den Badischen Frauenverein und setzte damit ein erstes Zeichen für ein lebenslanges starkes Engagement für ihr Land und die seine Bevölkerung, insbesondere die Frauen. Die Krankenpflegeabteilung des Frauenvereins unterstellte die Großherzogin am 29. Juni 1866 den Statuten des Roten Kreuzes (Luisenschwesternschaft). 1870 wurde ihr ein Privatsekretariat für ihre Korrespondenz und ihre Termine eingerichtet, das Geheime Kabinett der Großherzogin. 1888 starb nicht nur ihr jüngerer Sohn, sondern auch ihr Vater, Kaiser Wilhelm I., und ihr Bruder, Kaiser Friedrich III. Nach dem Untergang der Monarchie 1918 lebte sie, bis zuletzt als Landesmutter verehrt, auf der Mainau und im Schloss Baden-Baden. Wie keine andere Regentin hat Luise die jüngere badische Geschichte geprägt. Dies verdeutlichten eine Reihe von Vorträgen aus verschiedenen Perspektiven.

EWALD FRIE (Tübingen) erläuterte an einem ungewöhnlichen Quellenbestand, wie aus dem Fragmentarischen das Normative entschlüsselt werden sollte und damit die Geschichtswissenschaft dem „Fluch der Retrospektivität“ (nach Christoph Nonn) entgehen könne. Die Lebenswelten des deutschen Kaiserreiches entwickelte Frie aus Anamnese-Akten der Psychiatrie in Westfalen (Landesanstalten in Marsberg und Lengerich) im Jahrzehnt nach der Reichsgründung (1870–1880). Im Untersuchungszeitraum seien vermehrt Kranke adligen Standes eingeliefert worden, deren „militärische Männlichkeit“ außer Kontrolle geraten war. Die normativen Standards des Kaiserreichs setzte Ewald Frie auf dieser Folie als Vermischung derjenigen des gehobenen Bürgertums und des Adels, geprägt durch starkes Wirtschaftswachstum, rasantes Wachstum der Städte, der Massenkultur, von Freizeit- und Vergnügungskultur, Mobilität und dem Aufkommen der Sozialthemen zusammen. Zudem wies Frie u.a. auf den schnell wachsenden Zeitungsmarkt, die neuen Debatten in der Gesellschaft und auch damals schon eine globale Vernetzung hin. Die zugleich entstehenden Gegenbewegungen durch Frauen, durch Zurück-zur-Natur-Gruppen wie dem Wandervogel, durch Rassismus und Ausgrenzungen seien, wie die jüngere Forschung zeige, allerdings in Deutschland nicht stärker ausgeprägt gewesen, als in anderen Nachbarländern. Im Fall des Antisemitismus etwa verwies der Referent auf Frankreich und Russland. Vor diesem Hintergrund wurde das Wirken und das Selbstverständnis der Großherzogin Luise in den folgenden Vorträgen vorzüglich illustriert dargestellt.

Auch für die Großherzogin Luise von Baden gilt als wertvolle, authentische und ergiebige Quelle ihres Wirkens und als Datenbasis für ihre Vernetzung ihre Korrespondenz. Sie hat ihre Korrespondenz – wie für ihren Stand seinerzeit üblich – kontinuierlich gesammelt und chronologisch ablegen lassen. Allerdings geschah dies nicht konsequent. Erst 2012 hinterlegte das Haus Baden den Nachlass der Großherzogin Luise im GLA in Karlsruhe, wo er seitdem von KONRAD KRIMM (Karlsruhe) gesichtet, erschlossen und aufgearbeitet wurde. So konnte Konrad Krimm, verbunden mit einer ausführlichen Einleitung in die Quellen, die zentralen Themen Luises aus ihren Briefwechseln erarbeitet präsentieren und zugleich detailliert von ihren eigenen Zeugnissen berichten. Luise ließ sich ihre Briefe beispielsweise nach dem Tod ihrer Mutter, der Kaiserin Augusta, und dem Tod des Bruders zurückgeben. Konrad Krimm wählte für seine Skizze der Rolle der Großherzogin die Korrespondenz zwischen dem Minister und Politiker Franz von Roggenbach und der Großherzogin Luise auch aus dem Nachlass Roggenbachs aus. Die Korrespondenz und die Verbindung blieben durch ein ungestörtes Vertrauen zwischen Roggenbach, dem Großherzog und der Großherzogin gekennzeichnet. Roggenbach beherrschte perfekt den Tonfall, den das Fürstenpaar schätzte. Ein wichtiges Thema zwischen Luise und Roggenbach waren allerdings die extremen Spannungen in der Familie Hohenzollern seit 1870, insbesondere die Rolle des Thronfolgers Friedrich (III.), und die andauernde Auseinandersetzung Friedrichs, seiner Frau Viktoria und der Kaiserin Augusta mit Bismarck. Luise fragte Roggenbach 1886 erneut um Rat, was sie tun könne, um die Streitigkeiten irgendwie zu mildern. Roggenbach antwortete ihr mit einer vernichtenden Kritik an Friedrich (III.), der nicht herrisch genug, nicht mit festem eigenen Willen ausgestattet, vielmehr ein Versager sei. Das Vertrauensverhältnis Roggenbach-Luise sei durch diese harsche Kritik nicht getrübt worden, ja Roggenbach sei weiterhin als Gesandter beauftragt gewesen, dem sterbenden Bruder beizustehen. Früh skeptisch gegenüber Wilhelm II., kritisierte Roggenbach dessen Umgang mit Antisemiten wie Stöcker und Waldersee. Er erkannte den imperialistischen Irrweg und die Illusion des Traums von der eigenen Größe. Bismarck sah er als einen Abenteurer, Verbrecher, unberechenbaren Spieler. Aber Roggenbach scheute sich wegen der Unberechenbarkeit Bismarcks, 1888 selbst nach Berlin zu gehen. Luise antwortete auf diese Themen nicht. Gemeinsam war beiden, wie Konrad Krimm betonte, wie sie die Grenzen des Liberalismus einschätzten und 1906 den „Großblock“ im Badischen Landtag beurteilten; Nationalliberale und SPD versus das Zentrum sahen sie in hohem Maße skeptisch.

Die Persönlichkeit der Großherzogin Luise als einer engagierten Partnerin an der Seite ihres Ehemanns als regierendem Großherzog stand im Mittelpunkt von drei Vorträgen, die alle die außerordentliche Leistung der Großherzogin als Gründerin staatstragender Frauen- und Sozialvereine und -gesellschaften würdigten. Und bereits ILONA CHRISTA SCHEIDLE (Mannheim) stellte fest, dass es bis heute an einer adäquaten, aktuellen Biografie (einer „Biografie 3.0“) über Luise fehlen würde. Als einziger Kaisertochter, als Kaiserschwester und Tante Wilhelms II., mit der langen Zeit ihrer „Mitregierung“ bei Ehemann und Sohn (51 Jahre) und ihres Wirkens kam ihr eine Sonderstellung zu. Obwohl dem von ihr gegründeten Badischen Frauenverein, der Gefangenenfürsorge und der im großen Stil aufgebauten Krankenpflege (Rot-Kreuz-Schwesternschaft) keine offiziellen staatlichen Positionen zukamen, spielten diese dennoch eine wesentliche Rolle im öffentlichen Leben des Großherzogtums und machten Luise zu einer wichtigen Person des Landes. Mit ihren Gründungen veränderte sie maßgeblich die Bedingungen für die Berufstätigkeit junger Frauen. Luise habe, so die Referentin, durch ihr Vorbild das Engagement vieler „Damen und ihrer Herren“ der besseren Gesellschaft für alle Frauen, mit der Wirkung gefördert, dass für Frauen Ausbildungslehrgänge eingerichtet und Berufe entwickelt wurden. Entstanden aus der Kriegsbedrohung entfalteten sich die Sozialvereine als Friedensdienst. Durch Luises umfassendes Engagement glichen sie und der Großherzog Friedrich eher einem modernen Paar in Arbeitsteilung.

Zum gleichen Thema erläuterte SYLVIA SCHRAUT (München), dass zur Zeit des Kaiserreichs zunächst „nur“ die Bildungsrechte der Frauen errungen worden seien. Der Gründung des Badischen Frauenvereins mit bald über 70.000 Mitgliedern (1859) entsprächen die Gründungen des (Großherzogin-) Alice-Vereins in Hessen (1867), der preußischen Vaterländischen Frauenvereine (1866/1867) und des Bayerischen vaterländischen Frauenvereins (1869). Zu diesen habe der überregionale, nationale „Allgemeine deutsche Frauenverein“ (1865) und der 1866 gegründete „Letteverein“ nicht nur in Ergänzung, sondern auch in einem gewissen Konkurrenzverhältnis gestanden. 1869 kamen noch der „Verband deutscher Frauenbildungs- und Erwerbsvereine“ und 1888 der „Verein für Frauenbildung und Frauenstudium“ hinzu. Während, wie von Sylvia Schraut betont, auf dem Feld der Frauenbildung und Frauenberufstätigkeit durchaus Erfolge im politischen Kampf um die Gleichberechtigung zu verzeichnen gewesen seien (in Baden erreichten junge Frauen 1893 mit der Gründung des ersten deutschen Mädchengymnasiums, des Karlsruher Lessing-Gymnasiums, die Zulassung zum Gymnasium und 1901 die Zulassung zum Hochschulstudium), sei beispielsweise die Modernisierung der juristisch abhängigen Stellung der Frau vom Mann bei der Einführung des BGB „auf der Strecke geblieben“, und auch politische Erfolge im Bereich der politischen Partizipation durch Wahlrechtsreformen seien ausgeblieben. Zu den politischen und juristisch emanzipatorischen Forderungen seien die Großherzogin Luise und der Badische Frauenverein zwar deutlich auf Distanz geblieben, vor Ort seien die Protagonistinnen des Badischen Frauenvereins aber durchaus vielfach zur Kooperation mit den radikaleren Frauenvereinen bereit gewesen. Der badische Verein habe gleichsam die radikalen Positionen integriert, indem er feststellte, alle Menschen hätten das Recht auf Erwerbstätigkeit. Der Handlungsbedarf bliebe jedoch noch sehr groß.

Dass der Badische Frauenverein die politische Gleichberechtigung als Thema zurückstellte und sich dem Anschluss an die überregionale Dachorganisation zunächst entzog, betonte auch SUSANNE ASCHE (Karlsruhe), gleichwohl habe der Badische Frauenverein für ein für die Emanzipation günstiges Klima gesorgt. Der Verein hätte zum Beispiel viel Verantwortung für die Armenfürsorge übernommen. Zugleich hätte der Verein damit die Sozialdisziplinierung der Arbeiterschicht unterstützt. Die Armenfürsorge förderte die Großherzogin persönlich, hatte sie doch 1881 beim Attentat auf ihren Vater neben diesem gesessen. Neben die Kinderspeisung seien die Sophienschule, Flick- und Nähschulen, die Ausbildung und Einstellung von Industrieschul-Lehrerinnen getreten. Es wurden Kochkurse angeboten, da, so die Diagnose des Frauenvereins, die Mädchen unmittelbar nach der Entlassung aus der Schule arbeiten müssten und keine hauswirtschaftlichen Kenntnisse erwerben könnten. Die Einbindung von Frauen in das produzierende Kleingewerbe sei zwar unerlässlich, aber die Fähigkeit, einen gediegenen Haushalt zu führen, hielten die Männer von revolutionären Zusammenkünften in einschlägigen Lokalen ab. Dem Frauenverein kam damit eine wichtige innenpolitische, die Gesellschaft stabilisierende Rolle zu. Er hätte, so Susanne Asche, sozusagen einen „Klassenkampf von oben“ betrieben. Die Großherzogin sei über alle Vorgänge in ihren Vereinen persönlich orientiert gewesen, betonte Asche. Die Prüfungen an der Höheren Töchterschule habe sie beispielsweise so legen lassen, dass sie persönlich daran teilnehmen konnte. Die regionalen Teilvereine hätten dennoch eigenständig agieren können, es habe keine Gängelung gegeben. Die Großherzogin blieb stets eine lernende und lehrende Politikerin und Fürstin. Etwa 50 Meter ihrer persönlichen Bibliothek mit allen zeitgenössischen Berichten und Zeitschriften zu den Fragen, die sie beschäftigten, aus Europa waren zu ihrer Zeit im Karlsruher Schloss vorhanden (heute als Archivbestand im GLA). Auch überregional habe die Großherzogin durchaus Einfluss genommen, etwa im Kontakt mit Gertrud Bäumer (1873–1954) und der Vermittlung von geeigneten Kandidatinnen auf Stellen der überregionalen Verbände.

JUTTA DRESCH (Karlsruhe) stellte u.a. aus der Karlsruher Zeitung das Programm des „großen Jubiläumsjahres 1906“ vor. Man feierte nicht nur den 100. Geburtstag des Großherzogtums, sondern auch den 80. Geburtstag von Großherzog Friedrich, die 50jährige Regierung, die Goldene Hochzeit und die Silberne Hochzeit der Tochter Viktoria, der Königin von Schweden. Die Referentin konnte für die Auswertung und Präsentation auf zahlreiche historische Fotographien von diesem Ereignis zurückgreifen. Der Hofmaler Ferdinand Keller (1842–1922) hatte ein offizielles Doppelbildnis des badischen Großherzogpaares gemalt, welches auch die Einladung schmückte. Außer den zwei Jubelpaaren standen von der Fürstenfamilie mit Sohn Friedrich II. und seiner Ehefrau Hilda Prinz Max und Prinzessin Marie Louise von Baden mit der Prinzessin Maria-Alexandra im Mittelpunkt des damaligen Geschehens. Jutta Dresch erläuterte anhand von Illustrationen die Festveranstaltungen mit Ordensverleihungen und einem Festessen mit dem Kaiser und der Kaiserin, Auftritte der Männergesangvereine Badens, eine Landes-Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe, eine Landwirtschafts- und Gartenausstellung, Feste mit den Abteilungen des Frauenvereins oder dem Leibgrenadierverein. Ein Freiluftkonzert, ein Ballonaufstieg und ein athletisches Meeting des KSV schlossen sich an. Aber das großherzogliche Paar habe auch das neue Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Einrichtungen der Wissenschaft besucht und auch damit Karlsruhe und das Großherzogtum international herausgestellt.

Zum Thema passten sehr gut die Präsentationen von SARA DIEDRICH (Karlsruhe) über die Bildnisse der Großherzogin. Zunächst hätten die Bildnisse die Prinzessin und Großherzogin als Person in ihrem sozialen Stand und Geschlecht, in ihrer zeittypischen Geschlechterrolle gezeigt: hoch herrschaftlich und zugleich bescheiden, fürsorglich, die Hilfe ihres Mannes, als Repräsentantin eines konservativen Bildes. Dann hätte sich hinter den Bildern von Luise als Wohltäterin des Volkes eine politische Botschaft entwickelt. Entsprechend ihrem vorangeschrittenen Alter hätten sich die Bilder am Landesmutter-Sujet orientiert. Nunmehr sollten diese die Sichtbarkeit erhöhen, Erinnerung schaffen, Herrschaft legitimieren. Luise bediente sich dabei aller zeitgemäßen auch modernen Techniken: Malerei und weitere Unikattechniken wurden durch Lithographien, Stahlstiche, Photographien und vor allem Postkarten ergänzt. Auch nach 1907, dem Jahr des Todes von Großherzog Friedrich I., blieb Luise stark in der Öffentlichkeit präsent, wie Sara Diedrich aufzeigte. Die Bilder zeigten die Großherzogin-Witwe im Lazarett, beim Packen von Weihnachtspaketen für die Front. In ihrer Bildsprache stand sie gleichrangig neben ihrem Mann, wie es auch das offizielle Porträt von Ferdinand Keller 1906 zum Ausdruck brachte. Luise entsprach damit einem gewissen Stand der regierenden Fürstin ihrer Zeit. Sie handelte jedoch in einem Punkt entschieden gegen die Konvention, wie die Referentin betonte: sie räumte 1907 nicht ihren Platz im Schloss, am Schreibtisch, und ließ sich auch weiterhin an diesem Platz tätig darstellen. Von ihrer Mutter, der Kaiserin Augusta, übernahm sie die einspitzige Schneppenhaube als kennzeichnendes Kleidungsstück, die Witwenschneppe, wie sie viele Witwen noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts getragen haben.

Der Kunsthistoriker CHRISTIAN KATSCHMANOWSKI (Bad Schussenried) stellte den 2019 wiedergefundenen Gedenkstein des Pudels „Treu“ der Großherzogin Luise, der direkt neben der Aufgangstreppe zur Großherzoglichen Grabkapelle im Karlsruher Schlosspark entdeckt wurde, in den größeren Zusammenhang der Rolle von Tieren bei Hof, insbesondere von Hunden. Diese seien vielfach in den Parks der Residenzen an bevorzugter Stelle bestattet worden. In der Gedächtnisschrift des Deutschen Roten Kreuzes 1939 zum 100. Geburtstag der Großherzogin findet sich, wie der Referent entdeckte, eine Erinnerung der Oberin Wolff an die Großherzogin und ihren Lieblingshund, den Pudel „Treu“. Die Oberin charakterisierte darin den Pudel in einem Verhältnis zur Großherzogin, welches seinem Namen durchaus gerecht würde. Die Großherzogin sei zudem Protektorin des 1. Karlsruher Kynologenclubs gewesen und habe 1911 eine Preisplakette zu einer internationalen Hundeausstellung in Karlsruhe gestiftet. 19 Fotos fand Katschmanowski in den privaten Alben der Familie, auf denen Luise mit Hunden zu sehen ist, oft spielte man mit den Tieren oder er lief frei herum. Auch Studioaufnahmen mit anderen Hunden sind bekannt, so von Großherzog Friedrich mit einem Jagdhund 1860. Die Bestattung in unmittelbarer Nähe zu Luise bei der Kapelle solle, so der Referent, vermutlich symbolisieren: treu, selbst bis in den Tod. Die Großherzogin folgte mit dem Gedenkstein der Gräfin Valeska Douglas in Gondelsheim, wo die Gräber der Hunde Schlip und Bisch (1913) mit bemerkenswerten Grabsteinen bedacht wurden.

Pfarrer MICHA WILLUNAT (Graben-Neudorf) gab anhand des Briefwechsels der Großherzogin Luise mit dem Prälaten Ludwig Schmitthenner (1858–1932) einen Einblick in ihre Religiosität und Frömmigkeit, wobei er dabei aus seiner 2019 bei Kohlhammer erschienenen Dissertation („Kirchenleitung und Seelsorge. Ludwig Schmitthenners Wirken als Pfarrer, großherzoglicher Seelsorger und Prälat der badischen Landeskirche, 1892–1923“) schöpfen konnte. Großherzogin Luise hätte zu Ludwig Schmitthenner ein ebenso enges Vertrauensverhältnis gepflegt wie zum Minister Franz von Roggenbach.

Luises Frömmigkeit spiegelte sich auch in den publizierten Trauertexten nach den Todesfällen der Jahre 1888 und 1907, wie LAILA BAUR (Heidelberg) in einem abschließenden Beitrag aus ihrem Dissertationsprojekt nachwies. Mit ihrer Schrift „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt! Glaubensworte für Tage der Prüfung“ (1910) sei Luise geradezu zu einer landesmütterlichen Trost-Instanz geworden. Sie zelebrierte Trauer-Kompetenz über die Konfessionen hinweg, wenn auch durchaus in den Traditionen von Erweckung und preußischem Kulturprotestantismus. Luise war publizistisch tätig, wenn es ihren Projekten diente. Auch darin hätte die Großherzogin ein ungewöhnliches Vorbild an Engagement, Fleiß und wirkungsvoller Tatkraft gegeben. Auf der Tagung, die durch Führungen durch die Großherzogliche Grabkapelle im Karlsruher Schlosspark ergänzt wurden, wurde deutlich, dass reichlich Quellenmaterial und durchaus aktuelle Themen für Biografien und weitere biografische Forschungen und Beiträge vorliegen.

Konferenzübersicht

Politikverständnis und Herrschaftsausübung

Ewald Frie (Tübingen): Lebenswelten im Deutschen Kaiserreich

Konrad Krimm (Karlsruhe): Vernetzung. Die Korrespondenz Großherzogin Luises mit Franz von Roggenbach

Ilona Scheidle (Mannheim): Luise von Baden, Prinzessin von Preußen – machtvoll und sichtbar ungesehen

Gesellschaftspolitik

Sylvia Schraut (München): Bürgerliche Frauenbewegung und Vaterländischer Frauenverein

Susanne Asche (Karlsruhe): Der Kochtopf im Klassenkampf. Die Innen- und Sozialpolitik der Großherzogin

Inszenierungen

Jutta Dresch (Karlsruhe): Die Jubiläen 1906. Ein Fest des alten monarchischen Deutschlands

Sara Diedrich (Karlsruhe): Großherzogin Luise im Bild. Darstellungen einer Fürstin und Landesmutter

Christian Katschmanowski (Bad Schussenried): Luises treuer Begleiter. Funeralpraxis bei Haustieren als Teil adliger Repräsentation

Öffentlicher und privater Glauben

Micha Willunat (Graben-Neudrof): Gott mit uns? Religiosität und Frömmigkeit im Briefwechsel mit Prälat Ludwig Schmitthenner

Laila Baur (Heidelberg): „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt.“ Inszenierte Trauer – Publizierter Trost

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